Strandbad Wannsee
Eine Zeit lang muss ich auf der Lauer liegen, denn während der ersten Tage mit sommerlichen Temperaturen in diesem Jahr sind die Online-Tickets für das Strandbad Wannsee heiß begehrt. Dann habe ich meines endlich in der Hand.
Vor über 100 Jahren wurde das Bad im Jahr 1907 eröffnet
Ich bin zwar häufig über den Wannsee geschippert, aber - zum Glück - dabei nie im Wasser gelandet. Nun ist es soweit! Vom S-Bahnhof Nikolassee aus geht es per Fahrrad oder zu Fuß auf einer Brücke über die AVUS und weiter durch den Wald bis zum Vorplatz des gelb verklinkerten Gebäudes vom Strandbad Wannsee. Bereits der ist weitläufig gestaltet und stimmt auf die Ausmaße eines der größten Freibäder Europas ein. Natürlich liegt es am Großen Wannsee, der Kleine Wannsee befindet sich etwas weiter westlich und damit tatsächlich auch im Ortsteil Wannsee. Das Strandbad Wannsee liegt im Ortsteil Nikolassee. Und der Sand? Der kommt aus Timmendorfer Strand. Erst glaube ich an eine Ente.
Vor 1907 war das Baden im Wannsee verboten
Schwer vorstellbar aus heutiger Sicht, das erkannte der Landkreis Teltow schließlich auch. Nach erteilter Erlaubnis wurde das Ufer umgestaltet und die nach frischer Luft sich sehnenden Einwohner der 1920 entstandenen Millionenstadt Groß-Berlin kamen in Scharen. Villenbesitzer der Gegend rümpften die Nase über das Treiben der Proletarier, die bald Arbeiter-Schwimmvereine gründeten und sich an manchen Tagen zu Tausenden drängten. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, denen der Baustil der Anlage missfiel, endeten weitere Planungen zur Erweiterung der Anlage.
Der Badebetrieb wurde nach dem Krieg wieder aufgenommen, aber die Besucherzahlen aus den Anfangsjahren nicht wieder erreicht. Mit dem Wirtschaftswunder konnten sich mehr Menschen Fahrten an die Ostsee oder Reisen in fernere Länder leisten, während der Teilung der Stadt lief der S-Bahn-Verkehr nicht immer reibungslos, es eröffneten weitere Freibäder in anderen Teilen der Stadt. Einhundert Jahre nach der Eröffnung wurde glücklicherweise dennoch viel Geld in den denkmalgeschützten Bau gesteckt, der Verfall gestoppt und kräftig saniert.
Ich kann nur raten: Fahrt hin. Jetzt.
Gestern war die Wettervorhersage zwar nicht günstig, aber die dunklen Wolken am Horizont ließen die Sonnenstrahlen durch. Auf der Schwimmstrecke zu den Bojen schwappten die Wellen ins Gesicht. Doch neben einem der Strandkörbe war es schattig und windgeschützt. Die Schwalben zischten durch die Luft, Schwäne dösten am Wasser, Blässhühner zogen vorbei. Tickets gibt es hier. Denkt daran, den Ausweis für die Einlasskontrolle dabei zu haben. Die Mund-Nase-Bedeckung auch, aber bitte keine Glasflaschen.
Und die Sache mit dem Sand vom Timmendorfer Strand im Strandbad Wannsee ist keine Ente.
Einfach mal die entsprechenden Suchbegriffe bei Google eingeben und sich das schöne Bild aus den 50er-Jahren anschauen. Wie viele Waggons vom Ostseestrand an den Wannsee gebracht wurden, das konnte ich nicht herausfinden. Immerhin waren 1200 Meter zu füllen. Und der märkische Sand ja auch recht ergiebig. Aber das eine oder andere Körnchen von der Ostsee knirscht sicher noch heute unter den Füßen.